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Gotzhaus
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Rottenburger Anzeiger 1969
Wer den Neufahrner Berg hinaufgeht oder –fährt, sieht an der rechten Straßenseite eines der ältesten Häuser im
Landkreis Rottenburg. Es ist das Anwesen des heutigen Besitzers Franz Xaver Gotz. Dieses Haus wurde kurz nach
Beendigung des 30jährigen Krieges nur aus Holz erbaut, hat viele Stürme überstanden und steht noch in seiner
ursprünglichen Form in der es vor über 300 Jahren errichtet wurde. An ihm vorbei zog Napoleon mit seinen Truppen
zur Schlacht bei Eggmühl und später zum ehemaligen Burgberg, von wo er die Parade über seine Truppen abnahm.
Beide Weltkriege hatte es unversehrt überstanden. 1968 ließ der jetzige Besitzer die Außenveranda, Altane genannt,
von einem Schreiner aus Münster und den Anstrich erneuern. Dieses Holzhaus hat den besonderen Vorteil, dass es im
Sommer in den Zimmern kühl ist und im Winter darinnen warm ist. Das Haus steht in Niederbayern unter Denkmalschutz
und zählt zu den Narturdenkmälern des Kreises. Urkundlich konnte als erster Besitzer des Hauses ein gewisser Josef
Jauk ermittelt werden, der in diesem Hause eine Gerberei einrichtete, die bis zum Jahre 1953 darinnen bestand. Aus
seiner Ehe ging eine Tochter hervor, die sich mit einem Landshuter verehelichte, der ebenfalls Gerber war. Letzterer
hatte genauso auch eine Tochter, die sich mit einem Josef Gotz verehelichte, dem Vorfahren des jetzigen Besitzers.
Seit nunmehr sechs Generationen ist die Gerberei und das Haus im Besitze der Familie Gotz. Der Großvater des
heutigen Gotz war langjähriger Bürgermeister des Marktes und unter seiner Amtszeit wurde im Jahre 1868 mit dem
Kirchenneubau der St. Georgskirche begonnen. Er führte neben seiner Gerberei Landwirtschaft ein, die der heutige
Besitzer noch bis vor einigen Jahren ausübte. Im Zuge der im Markt einsetzenden Industrialisierung verkaufte er
den größten Teil seiner Felder im sogenannten Industriegelände.
Seit dem Jahre 1953 hat er der Gerberei „Ade“ gesagt, weil dieselbe zu den aussterbenden Gewerben gehörte. Er weiß
noch, wie in fast allen Märkten der Umgebung in jedem Ort eine Gerberei zu Hause war. Die Technik und Industrie hat
die Gerberei auch in Rottenburg aussterben lassen. Sämtliche Vorfahren von ihm waren Gerber und nun ist er der letzte
noch Lebende, denn von seinen Kindern hat keines das Gerberhandwerk mehr erlernt. Er selbst hat sich in seinen alten
Tagen einem anderen Beruf zugewandt. Er fährt mit seinem Lieferwagen für die Industriebetriebskantinen, die seine
Kinder führen. Im Wohnzimmer der heutigen Familie Gotz prangt das über 100 Jahre alte Bild des Großvaters des heutigen
Besitzers, der ebenfalls Franz Xaver hieß. Mit dem damaligen üblichen Kaiser- und Königsbackenbart schaut er auf
seine Nachfahren.
Anzeige aus dem Jahre 1916
Anzeige aus dem Jahre 1924
Zusatzinformation:
Eines Rottenburger Weißgerbers Brautfahrt nach Haidhausen
Am 6. Juli 1689 fanden nach der Trauungsmatrikel für Haidhausen/Bogenhausen Trauung Verhandlungen
statt zwischen Peter Aigner, Sohn der Eheleute Kaspar und Maria Aigner in Rottenburg und Therese
Frais, Tochter von Balthasar und Maria Frais in genannter Pfarrei: Zeugen waren der Münchener Bürger
Elias Gnädler und der Schuster Joh. Bartholome Glonner von Haidhausen. Im Jahr 1681 war ein Kaspar
Aigner in Rottenburg mit einer ganzen Michaelis- oder Herbststeuer von 21 Kr. belegt. Mit der gleichen
Abgabe wurde im Oktober 1700 der Bürger und Weißgerber Peter Aigner als Hausbesitzer belastet. In der
Steuerliste wird er zwischen dem Metzger Georg Erlacher und dem Tagwerker Kaspar Klebelsperger
aufgeführt, während 1681 Kaspar Aigner mit Paulus Schiller, Metzger und Ruprecht Grueber in einer
Reihe steht, was auf Nachbarschaft schließen lässt. Um 1620 ging in Rottenburg Christoph Piehelmair
dem Gewerbe eines Weißgerbers nach. Um 1640 übte der Lederer Christoph Pomerein verwandtes Gewerbe
aus. 1664 steht der Weißgerber Hans Kaspar Aigner mit 8 Fl. auf der Liste jener abgebrannten Bürger,
die unter Verpfändung ihrer Häuser vom Armenhaus ein Darlehen aufgenommen hatten. Gleichzeitig wird
er im Türkensteuerregister als Freistifter aufgeführt. Rotgerber war damals Daniel Zächerl. 1665 nimmt
Aigner als Marktbewohner einen höheren Rang als den eines Freistifters ein. Im Juni 1665 musste er mit
anderen jungen Bürgern unter fachmännischer Leitung exerzieren. Die Steuerregister zu Rottenburg für
1667 und 1668 enthalten den Namen des Weißgerbers Hans Kaspar Aigner, dessen Haus sich wohl an
anderer Stelle befunden hat als das Weißgerberanwesen im Jahre 1681. Peter Aigner ist offenbar
derselbe wie der Freiersmann vom Jahre 1689. Er kommt in den Rottenburger Anlagsregistern für 1705,
1706 und 1707, ferner 1713 und 1714 – zwischen dem Metzger Georg Erlacher und dem Tagwerker Matthias
Eggerpaur - vor. Esrwar um das Jahr 1660 geboren und starb vor dem Jahr 1716. Das Toback oder
Feurstött Antrags-Register 1740 nennt zwischen G. Erlacher und dem Geiger Veit Hueberden Besitz und
Gewerbenachfolger Jakob Aigner, der noch 1763 anzutreffen ist und in Adam Aigner seinen Nachfolger
gefunden hat. 1773 betreibt Joh. Mich. Westermayr das Weißgerbergewerbe. Er erhielt 1787 4 Fl. für die
Kaminbesichtiger. Die bayerischen Weißgerber waren früher der Zunftlade in Wien untergeben. Sie
wurden 1580 der Hauptlade in München unterstellt, welcher die Vierteisladen zu Landshut, Straubing,
Burghausen und Ingolstadt untergeben waren. Es handelte sich um jene Art von Gerberei, wozu AIaun und
Kochsalz verwendet wurde und wobei die Haut weiß blieb. Von diesem Gewerbebetrieb war die Zubereitung
des Pelzwerks nicht ausgeschlossen, sofern dieselbe in dem Gerben mit Alaun und Kochsatz bestand. Das
Beizen des Rauchwerks war dem Kürschner Gewerbe vorbehalten. Die Weißgerber durften selbstgearbeitete
Felle auch färben, jedoch nicht lederne Hosen und andere Kleidungsstücke. Bei den
Gewerbestreitigkeiten spielten die Kitz-, Lamm-, Kanin- und Rehfelle eine besondere Rolle. A.A.
Lieb.
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