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Ehemaliges Landgericht
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Ehemaliges Landgericht, später Amtsgericht, erbaut 1860/61
Die aus der Grafschaft Rottenburg entstandenen Landgerichte Rottenburg und Kirchberg wurden 1802 zu
dem neuen Landgericht Pfaffenberg vereinigt. König Ludwig I. verfügte zum 21. April 1838 die
Errichtung eines „Königlich Bayerischen Landgerichts 1. Klasse“ in Rottenburg. Die Ernennung des
neuen Amtes wurde am 5. November 1838 vom königlichen Landrichter Hauser aus Mallersdorf an den neu
ernannten königlichen Landrichter Friedrich Galler in Rottenburg übertragen. Am 10. November 1838
fand die offizielle Einführung in Rottenburg statt.
Dies war die Geburtsstunde des damaligen Land- und Amtsgerichts.
Erster Landrichter war Friedrich Galler. Ihm folgten 1845 Freiherr von Pechmann und Karl Friedrich
Teichmann. Max Schütz war der letzte Landrichter unter dessen Führung die Trennung von Justiz und
Verwaltung in die Wege geleitet wurde.
1972 wurde der Amtsbezirk aufgelöst und das Gebäude 1975 abgebrochen und an dieser Stelle das
Sparkassengebäude erbaut.
Ansicht von 1880, rechts das Amtsgericht
Anzeige aus dem Jahre 1920
Artikel im Rottenburger Anzeiger 1968
Todesurteil für das Amtsgericht noch nicht gefällt
Der Staatssekretär im Bayer. Justizministerium J. Bauer, besichtigt das Amtsgericht Rottenburg – Sein
Urteil: „Das Gebäude ist bis zu einem justizunwürdigen Zustand vernachlässigt“ OBR Wagner plädiert
für einen Erhalt des Gerichts in Rottenburg.
„Ich habe in Niederbayern bisher nur ein Amtsgericht gesehen, das annähernd an den
verheerenden Zustand des Amtsgerichtes Rottenburg heranreicht.“ Das stellte der Staatssekretär im
Bayerischen Justizministerium, Josef Bauer, gestern nach einer mehrstündigen Amtsbesichtigung fest.
Die Zukunft des Amtsgerichtsgebäudes, das im Jahre 1861 sicher der aufwendigste und stolzeste Neubau
in Rottenburg war, ist ungewiss. Um den „justizunwürdigen Zustand“ abzuschaffen, wären 400 000 DM
notwendig. Es wäre nach Ansicht des ehemaligen Amtsrichters von Abensberg und Kelheim
unverantwortlich, wolle man diese Summe in das Gebäude stecken, zu einem Zeitpunkt, wo in der Justiz
sehr viele Reformen geplant oder bereits durchgeführt sind. In der Liste, in der das
Justizministerium die Amtsgerichte dem Kabinett zur Auflösung vorschlägt, sei Rottenburg enthalten.
Aber die Gebietsreform nehme ihren Fortgang. Wenn die bisherigen Landkreise größeren Bezirken
weichen müssen, würden das Landratsamt und das Amtsgericht vielleicht aufgelöst werden.
Gestern Vormittag stand also das Amtsgericht Rottenburg, die älteste staatliche Behörde des Kreises
und damit die Mutter vieler anderer Ämter, das Landratsamt eingeschlossen, im Blickpunkt
ministeriellen Interesses. Trotz der ehrwürdigen Vergangenheit des Gerichtswesens und des
Gerichtsgebäudes war Staatsekretär Bauer erschüttert und er gab dies bei einer Besprechung mit dem
Oberamtsrichter Trey aus Mainburg, dem Vertreter des Landesamtes Oberregierungsrat Wagner und der
Presse unumwunden zu.
Der Zustand des Gebäudes sei trostlos und justizunwürdig.
Wegen der im Gebäude Beschäftigten und auch einer gewissen Repräsentationspflicht der Justiz müsse
sich der Zustand des Gebäudes ändern. Der Staatssekretär sprach von mangelnder Aktivität des
Amtsgerichtes, es sei ein billiges Argument, wenn man behaupte, nur weil die Zukunft des Amtes
ungewiss sei, habe man größere Investitionen gescheut. Heute sei man allerdings soweit, dass ein
nunmehr notwendiger Aufwand von rund 400 000 DM in der Tat unverantwortlich sei. Auch seien der
Zustand der Räume und die Arbeitsbedingungen der insgesamt 12 Beschäftigten, denen der
Staatssekretär anerkennende Worte über deren Arbeitsleistung aussprach, untragbar. Schon äußerlich
ist das Amtsgericht Rottenburg trotz seiner wuchtigen Wirkung nicht gerade ein Aushängeschild des
Marktes. Vernachlässigt ist der Verputz, die Rückseite ist ruinenartig, geschweige von den
Toiletten ohne Wasserspülung aus dem letzten Jahrhundert.
Sollte Rottenburg einmal der Sitz des Gerichtes der drei Landkreise Mallersdorf, Rottenburg und
Mainburg werden, so müsste man durch einen Neubau der besonderen Bedeutung dieses Gerichtssitzes
Rechnung tragen. Bauer sah sich daraufhin auch die Raumverhältnisse um das Amtsgerichtsgebäude an.
Ein Neubau ist nach seiner Meinung platzmäßig durchführbar. Das alte Gebäude müsste abgerissen
werden und würde einem gepflegten Vorgarten Platz machen. Unbedingt in Angriff müssten
Renovierungsarbeiten im Amt vorgenommen werden. Die Kohleöfen sollten durch Ölöfen ausgetauscht
werden, die Kamine seien sehr reparaturbedürftig. Eventuell werden auch die Fensterstöcke
ausgewechselt. Mit Rücksicht auf die Beschäftigten seien diese Arbeiten von nöten.
Leider kam es nicht mehr dazu. Nach über 100jähriger Geschichte, wo über Recht und Gesetz gerichtet
wurde, wurde das Amtsgericht 1972 aufgelöst.
Foto aus dem Jahre 1946
Luftaufnahme um 1960
Heute steht hier das Sparkassengebäude
Zeitungsartikel und Anzeigen von 1885/87 aus dem Rottenburger Anzeiger
Eine Hinrichtung in Rottenburg
„Wer wird heute schon in aller Frühe versehen? fragten sich in Rottenburg die Bürger und Bürgersfrauen, als sich
am Morgen des 30. Mai 1781 das Glöcklein vom Turm der Pfarrkirche vernehmen ließ. Es war nicht lautere
Frömmigkeit, die sie zahlreicher als sonst zum Gotteshause eilen ließ. Schon bald wurde es ihnen zur Gewissheit,
dass der Gang dem armen Sünder gelte, der seit einigen Wochen wegen Diebstahls in der Fronfeste saß und dem
gestern das Leben abgesprochen worden war. Der Kooperator las ihm die offene Schuld vor und reichte ihm dann den
Leib des Herrn als Stärkung für die letzte Reise. Zwei Kapuziner, die aus Landshut gerufen worden waren, hatten
den Verurteilten auf diesen Augenblick vorbereitet. Nach 24 Stunden trat Andreas Ettner, so hieß der Unglückliche,
seinen letzten Gang an. Die zwei Kapuziner begleiteten ihn. Es war gegen 9 Uhr vormittags, als sich der Marktplatz
mit einer großen Menschenmasse zu befüllen begann. Lautlose Stille trat ein, als die Gerichtsdiener mit dem
Todeskandidaten unter der Gefängnistüre erschienen. Der Zug bewegte sich zum Rathaus, wo der gefällte Spruch laut
und deutlich vernehmbar verlesen wurde. Der Gerichtsdiener brach einen Stab entzwei und warf die Stücke dem
Verurteilten zu.
Der Zug war jetzt in der Galgenlohe an der Stelle angelangt, wo heute noch das Kreuz steht. Der Verurteilte
kniete nieder und die Kapuziner beteten das letzte das letzte Vater unser. Dann reichten sie ihm ein Kreuz zum
Küssen und eine Hand voll Erde, die er hinter sich warf. Er hatte mit dem Leben abgeschlossen. Nachdem das
Todesurteil noch einmal verlesen worden war, wurde der arme Sünder dem Henker übergeben, der ihn auf den Schragen
erwartete, den die Müller des Bezirkes nach gemeinsamem Recht hatten zimmern müssen. Während ihm die Augen
verbunden wurden, reichte ein Knecht dem Scharfrichter das breite Richtschwert. Ein Hieb und der Gerechtigkeit
war Sühne geleistet. Der Henkersknecht legte den Leichnam in eine rote Holzkiste und brachte ihn auf einem
Ochsenkarren auf den Friedhof in Gisseltshausen. Hier hatte am Vortage der Geistliche das Grab geweht. Der Tote
wurden ohne geistlichen Beistand in der Nähe der Sakristeitüre bestattet. Unterdessen wurde in Rottenburg für
seine Seelenruhe eine Messe gelesen, der viele Menschen beiwohnten. Es wurde sieben Gulden geopfert, die für
weitere Messen verwendet wurden. Eine nicht geringe Enttäuschung erwartete die Teilnehmer am Gottesdienste. Als
nach dem Evangelium sich der Kooperator umwandte, da warteten alle voller Spannung auf die Leichenrede, die
sog. Galgen- oder Malefikantenpredigt. Dafür verlas der Herr einen kurfürstlichen Befehl, nach dem solche
Predigten für die Zukunft abgeschafft wurden. Etwas sonderbar klang die Begründung: Da erwiesenermaßen bei
solchen Reden dem Malefikanten zu viel der Ehr, der Hohen Obrigkeit zu wenig erwiesen wird. Nach der Messe
wurden viele Worte von den Kirchgängern erläutert und besprochen. In dieser Weise „verwechselte“ am 31. Mai
1781 Andreas Ettner, Hüter von Albanszell, im Alter von 44 Jahren sein Leben mit dem Tode. Gott gebe ihm
fröhliche Urständ!“
P.W.F
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