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KINO
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Sehr verehrter Leser,
um die Faszination der Rottenburger Kinogeschichte anschaulich darzustellen, möchte ich Ihnen einen kleinen
Streifzug durch die Geschichte des Kinos erzählen.
Je weiter die Geschichte aus dem 20ten Jahrhundert zurück liegt, desto schwieriger ist der Rückblick. Es gibt
entweder nur noch wenige Zeitzeugen, oder man findet Menschen die aus der Vergangenheit noch etwas aufgehoben
haben. Deshalb ist es mir eine Freude ihnen wieder aus der Vergangenheit eine Geschichte unserer Stadt
Rottenburg präsentieren zu dürfen, denn in unserem heutigen Computerzeitalter ist es für den Privatmann noch
schwieriger geworden Daten, Bilder und Geschichten für unsere Nachkommen zu sichern. Umso wichtiger ist das
Archiv des „Rottenburger Anzeiger“ der Familie Herzog.
Ende des 19 Anfang des 20 Jahrhunderts wanderten viele Männer mit ihren „Kino-Apparaten“ durch das Land und
zeigten in den Dörfern und Städten die ersten bewegten Bilder auf Stofftüchern oder Leinwänden. Die Menschen
waren anfangs, wenn sich die Bilder bewegten immer begeistert, die Euphorie jedoch legte sich schon nach
einige Minuten. Entweder der Film riss, oder der Strom reichte für den Projektor nicht aus. Es kam sogar vor,
dass dies in einer Vorstellung öfter passierte und diese abgebrochen werden musste. Im Laufe der Zeit verbesserte
sich die Technik und in den Städten und Dörfern wurden in festen Gebäuden Kinos eingerichtet. Da es in der
damaligen Zeit noch keine Tonfilme gab, setzte man einen Klavierspieler neben den Projektor ans Klavier, der
unter einer schwachen Kokslampe, (die brauchte er, um die Noten zu lesen) die Filme musikalisch begleitete.
Der erste schriftliche Nachweis im Rottenburger Anzeiger ist die Anzeige aus dem Jahre 1913. Die Freiwillige
Sanitätskolonne Rottenburg veranstaltete auf ihrem Wohltätigkeits – Volksfest eine kinematografische Vorstellung.
Von 1926 – 1946 gibt es keine Aufzeichnungen. Ab 1946 begann Carl Angermann in den „Laaber Lichtspiele“ mit
seinen Vorführungen, aber, das ist eine andere Geschichte, die sie unter Max-von-Müller-Straße 52 nachlesen
können.
Anzeige aus dem Jahre 1913.
Anzeige aus dem Jahre 1913.
Anzeige aus dem Jahre 1917.
Erste Kinoeröffnung im Jahre 1919 von den Herren Steitz und Kiermayer.
Rottenburg, 28 Januar 1919.
Das neue Kino-Unternehmen in der Huber-Halle dahier hatte an seinem Eröffnungstage am vergangenen Sonntag ein gut
besuchtes Haus. Leider aber konnte die Vorstellung die Besucher nicht in vollster Weise befriedigen, wie dies
meist bei derartigen Unternehmen zu Anfang der Fall ist. Es funktionierte noch nicht alles. Der Grund lag
einerseits in den zu schwachen Sicherungen der elektrischen Kraftleitungen, andernteils aber auch in öfterem
Reißen des Films. Die Unternehmer werden Sorge tragen, daß sich diese unliebsamen Vorkommnisse nicht mehr
wiederholen, wird erst dann wieder eine Vorstellung geben, wenn alles tadellos klappt, was in allernächster
Zeit der Fall sein wird, nachdem es sich dabei doch nur um Kleinigkeiten handelt. Sind diese Mängel erst
behoben, wird das Publikum mit dem Gebotenen sicherlich in jeder Weise zufriedengestellt werden können. Empfehlen
möchten wir der Direktion nebenbei noch bessere Heizung des Lokals.
Im April 1919 übernahm E.Meisel die Lichtspiele.
Anzeigen aus dem Jahre 1919:
Hier übernahm für kurze Zeit R. Hallanzy das Lichtspieltheater.
Im Oktober 1919 erwarb F. Meisel das Lichtspieltheater
Große Kinoeröffnung in der Huberhalle
Rottenburg, 8.August 1924
(Wieder ein Kino in Rottenburg)
Herr Bernhard Götzer von Langquaid hat in der Huber Halle dahier ein Lichtspieltheater aufgemacht. Freunde des
Kinos werden dies freudig begrüßen. Morgen, Samstag und übermorgen, Sonntag finden die Eröffnungsvorstellungen
satt. Niemand soll den Besuch versäumen; das Programm ist ein sehr Interessantes. Erst kommt ein komischer
amerikanischer Film „Time is money“ (Zeit ist Geld) und ihm folgt das große Kulturbild aus dem Trecento: „Herzog
Ferrantes End.e“ Das sind furchtbare waffendurchklirrende Zeiten, in die dieser Film uns führte.
Verbrecherische Tyrannen frönen schrankenlos ihren wilden Gelüsten. Tolle Begierden raffinierteste Grausamkeit
spricht allem Menschlichen Hohn. Die fürchterlichen Abgründe, die sich vor einem Auge auftun werden, sind nicht
Ausgeburten einer überhitzigen Phantasie, sondern sind historisch beglaubigt. Dieser Herzog Ferrantes hat gelebt,
seine grausamen Neigungen, die fast als dämonischer Wahnsinn erschienen wurden schaudernd durch ganz Italien
erzählt. Es sind Kulturbilder der Zeit, die sich vor unseren Augen entrollen, auch in Bild und Stil dem Geiste
des Trecento nachgeahmt. – Szenen aus diesem Film sind in Bildern am Geschäftshause des Rottenburger Anzeigers
zu sehen.
Rottenburger Anzeigen aus dem Jahre 1924.
Rottenburg, 4.März 1925
Nach längerer Pause eröffnet das Lichtspiel-Theater Rottenburg unter neuer Direktion (Max Herzog und Josef Huber)
wieder seine Tore, der klassische Grossfilm „Helena“ 1. Teil: „Der Raub der Helena“ wird die Reihe der
Filmvorführungen eröffnen. Der Film, ein Meisterwerk der Filmtechnik, führt uns zurück in das klassische
Altertum, zurück nach Griechenland. Homer hat uns in seinem Epos „Ilias“ die Geschichte vom Trojanischen Krieg
überliefert. Paris, ein wiedergefundener Sohn des Königs Priamos von Troja, hatte Helena geraubt, die Gattin
des griechische Königs Menelaos von Sparta. Daher zog ein gewaltiges Griechenheer vor Troja, um die Geraubte
zurückzufordern. Ihr Gatte Menelaos glaubte an ihre Unschuld, nicht aber sein Bruder Agamemnon. Der tapferste
Griechenfürst Achill, war mit dem Heere ausgezogen, um seinen Siegeskranz von Helena zu erlangen, dem sie ihm
einst bei einem Wagenrennen zuerkannte. Es kam zur Belagerung Trojas, denn freiwillig gab Paris die geliebte Frau
nicht heraus. Helena aber war durch seltsame Geschehnisse an seine Liebe gekettet und – an das trojanische Volk,
denn wie eine Heilige wurde sie von diesem verehrt. Im dunklem Verliese aber lag der Seher Aisakos, der dem
König von Troja, Piramos, geweissagt hatte, er werde sterbend den Untergang seines Reiches durch Paris und Helena
sehen. Das wäre eine kurze Inhaltsangabe aus dem pompösen Filmwerk. „Der Untergang Trojas“, 2.Teil des
Grossfilms „Helena“, kommt das nächstemal zur Vorführung. Der Film „Helena“ findet in Deutschland, sowie in der
ganzen Welt begeisterte Anerkennung und wird als Marktstein in der künstlerischen Gestaltung der
Weltfilmproduktion von Fach- und Tagespresse bezeichnet. Es ist bestimmt zu hoffen, dass auch das hiesige Publikum
diese Filmvorführung mit Begeisterung aufnehmen wird. Als Beiprogramm läuft die amerikanische Groteske „Im Hotel
zur Nachtigall“ über die Leinwand“, die der heiteren Seite Rechnung trägt. Das Ganze wird an Effekt gewinnen
durch stimmungsvolle Kinomusik.
Anzeigen aus dem Jahre 1925.
Rottenburg, 9. März 1925
(Das Lichtspiel-Theater) in der Huber-Halle konnte sich samstags und sonntags trotz der ungünstigen Witterung
eines befriedigenden Besuches zu erfreuen. Die vorgeführten Filme, sowie die ganze neue Aufmachung und
hauptsächlich auch die gute Musik fanden den vollen Beifall des Publikums. Die neue Direktion hat ihr
Versprechungen vollauf erfüllt und so ist zu erwarten, daß auch die kommenden Vorführungen gut besucht werden,
was in Hinsicht auf die Volksbildung durch ein gutes Kino nur zu begrüßen wäre.
Rottenburg, 16. März 1925
(Lichtspiel-Theater.)
Wir möchten nicht versäumen, nochmals auf die kommenden Mittwochabend 8 Uhr und Donnerstag (Josefi) nachmittags 3
Uhr stattfindenden Kinovorführung mit dem erstklassigen Programm aufmerksam zu machen. Das Drama „Der Weg zu Gott“
oder „Das Schicksal des Thomas Balt“ wird alle Besucher in seinem Bann ziehen, das Lustspiel „Joe Martin als
Lehrer“ sorgt für Humor. Kinder haben in der Donnerstag Nachmittags-Vorstellung Zutritt.
Kassenbuch aus dem Jahre 1925.
Programhefte aus dem Jahre 1925.
Zur Erinnerung an die Kinogeschichte, hat Heimatforscher Franz Moises 2008 eine Erinnerungskarte herausgebracht.
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