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700 JAHRFEIER
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Festanhänger aus Holz
Vom Sinn und der Bedeutung der 700-Jahrfeier
Der Name Rottenburg ist älter als der Markt, der ihn heute trägt. Er bezeichnete vorher eine Burg, die
zuerst auf dem Hofberg lag. Ihre Anlage hängt zusammen mit dem Altweg, der am Hofberg vorbeizog.
Straßen dürfen wir die Wege der Vorzeit nicht nennen. Die Anlage des Weges, der von der Donau auf dem
Scheitel eines Höhenrückens nach Süden an die Isar führte, fällt in eine Zeit, in der der Mensch aus
Kupfer und Zinn die Bronze herstellte. Es ist die Zeit nach 2000 v. Chr., da Handel und Gewerbe an
Bedeutung gewannen. Beide forderten und förderten den Wegebau. Kupfer und Zinn kommen in unseren
Gegenden nicht vor. Das Zinn kam aus fernen Ländern, aus Italien und besonders aus England in unsere
Gegend, während das nahe gelegene Böhmen Kupfer lieferte. Der Handel war in den ersten Jahrhunderten
Tauschhandel. Daher brachten Händler von der Salzachgegend Salz auf dem Rücken von Pferden an die
Donau. Von da drangen sie in das Land an der Moldau ein, das des Salzes entbehrte. Sie tauschten
gegen das kostbare Mineral das Kupfer ein. Das Metall beförderten sie in Form von großen oder
kleinen Ringen. Die Händler waren zugleich Schmiede. Sie ließen sich, wo Bronzegegenstände, Arm- und
Fußreife, Anhänger und Kettchen, aber auch Dolche, Schwerter, Lanzen- und Pfeilspitzen verlangt
wurden, nieder und stellten die gewünschten Gegenstände her.
Dass unser Altweg in dieser frühen Zeit begangen wurde, dafür können wir als Beweis die Hügelgräber,
die in seiner Nähe zwischen Münster und Ried aufgedeckt wurden, anführen. Sie bezeugen eindeutig,
dass in vorgeschichtlicher Zeit Menschen in der Gegend siedelten. Vielleicht geht auch die Anlage der
Viereckschanze bei Münster auf diese Zeit zurück. Solche Schanzen suchte die Bevölkerung in
Kriegszeiten auf und barg innerhalb der Wälle ihr Hab und Gut. In der Zeit des Friedens hielten sich
in ihnen die Händler und Handwerker auf. Die Umwallung verhinderte, dass sich ihre Pferde im Walde
verliefen und zu Verlust gingen. Erhöhte Bedeutung gewann der Altweg, als um 1000 v Chr. das Eisen
seine große Rolle zu spielen begann. Die Menschen von damals förderten das Metall aus dem Jura bei
Weltenburg, Kelheim, Essing. Das Vorkommen von Erz lockte die Händler an, was die große Zahl von
Schanzen zwischen Donau und Großer Laaber erklärt. Sie beweisen, dass der Verkehr auf den zahlreichen
Altwegen zu Zeiten der Eisenzeit sehr lebhaft war.
Im Jahre 15 v Chr. eroberten die Römer das Land zwischen Lech und Iller, Donau und Alpen. Sie
gründeten im Gebiet der keltischen Vindeliker die Stadt Augsburg und bauten Kastelle, die sie bis an
die Donau vorschoben. Unter Kaiser Claudius stießen die römischen Legionen über den Lech vor und
eroberten das Gebiet südlich der Donau bis zur Innmündung. Das Land wurde als Provinz Raetia dem
römischen Weltreich eingegliedert. Das erste Kastell an der Donau entstand in der heutigen Vorstadt
von Regensburg, Kumpfmühl. Auch an anderen Orten wurden Kastelle angelegt und sicherten die nasse
Grenze. Kaiser Marc Aurel errichtete 169 an dem Strome ein großes Lager, das für die Aufnahme einer
ganzen Legion, der 3. Italienischen, bestimmt war. Es wurde der Sitz des militärischen Oberkommandos.
Die Tatsache, dass auch in römischer Zeit der Altweg benützt wurde, ergibt sich aus den zahlreichen
Funden, die am 7. Mai 1875 Arbeiter beim Bau der Neufahrner Straße zu Tage förderten. Es musste am
sog. Schauerberg, um das Gefälle zu mindern, ein sehr tiefer Einschnitt gemacht werden. Es fanden
sich Münzen, Gefäße, Skelette u.a. Der Fundort liegt an der Stelle, wo der von der Oed kommende Weg
in die sog. Burggasse einmündete. Sie führt zum Hofberg, der 40-50 km von Regensburg entfernt ist.
Da die Römer, auch die Soldaten, besonders die schwer bepackte Infanterie, im Tage 20-30 km
zurücklegten, der Hofberg zwei Tagesmärsche von Regensburg entfernt lag, geht die Annahme nicht fehl,
dass auf dem Berg eine statio, ein Rasthaus errichtet war. Eine solche Raststätte bestand aus
mehreren Gebäuden, wo Reisende Verpflegung und Unterkunft für die Nacht für sich und ihre Tiere
fanden, eine tabana-tafune. Die Sicherung des Platzes übernahm eine kleine Truppe, die vielfach aus
Veteranen bestand und hinter einem Palisadenzaun ihre Bleibe hatte. In der Mitte erhob sich ein
Turm, anfangs aus Holz, der einen Überblick über die Gegend gewährte. Später, als die germanischen
Stämme gegen die römische Reichsgrenze anzurennen begannen, wurde der Platz verstärkt, der Turm
aus Stein gebaut. Es entstand ein sog. Burgus. Die Truppe, die hier Dienst tat, übernahm die
Sicherung des Weges. Sie regelte den Verkehr, handhabte die Polizei. Die Frage, ob die Römer den
Altweg zu einer Straße ausbauten, kann erst nach genaueren Nachforschungen gelöst werden. Die
wenigen Stellen, die eine Untersuchung zulassen, scheinen die Annahme zu bestätigen.
Nach dem Abzug der römischen Legionen
Gegen 400 n. Chr. rückte das römische Militär aus dem Raum an der Donau ab. 80 Jahre später erhielt
auch die Zivilbevölkerung den Befehl, sich nach dem Süden abzusetzen. Es folgte die Zeit, in der
unsere Vorfahren Besitz von der fruchtbaren Donauebene ergriffen. Dass aber der Altweg auch im ersten
Jahrhundert bairischer Geschichte begangen wurde, können wir aus der Tatsache folgern, dass sich im
7. Jahrhundert im nahen Münster Mönche, die nach den Gewohnheiten irischer Klöster lebten,
niederließen. Der hl. Kolumban hatte sie auf das Festland verpflanzt. Die Mönche übernahmen die
Verpflegung der Reisenden, die den Altweg benützen. Sie gewährten ihnen Kost und Unterkunft. Wieder
vergingen Jahrhunderte, in denen das klösterliche Leben in Münster erlosch. Um 870 berichtet eine
Urkunde, das erste Schriftstück, das Aufschluss gibt, über die Gegend am Hofberg, von einem
Geistlichen adeligen Stammes, Alawich, dass er bei Otterbach einen Besitz hatte. Er war ihm vom König
Ludwig dem Deutschen geschenkt worden. Es erhebt sich nun die Frage, auf welche Weise der Enkel des
großen Frankenherrschers, des Kaisers Karl des Großen, in den Besitz der Otterbacher Gründe kam. Die
Antwort kann nur lauten, dass Karl der Große sie bei der Einverleibung Baierns 787 in das
Frankenreich an sich nahm, nachdem sie vorher herzoglicher Besitz gewesen. Es ist eine vielfach
bezeugte Tatsache, dass die baierischen Herzöge bei der Landnahme alles Land für sich beanspruchten,
das früher dem römischen Fiskus gehört hatte. Ist unsere Annahme richtig, so trifft auch unsere
frühere Mutmaßung zu, dass die Römer den Hofberg besetzt hielten.
Alawihus war aus der königlichen Kapelle hervorgegangen. So erklärt sich die Schenkung Ludwig des
Deutschen. Sie allein war die Stätte, die ihm die Bildung geben konnte, die er für sein Amt als
Kanzler des Grafen Rodolt brauchte. Alawihus war auch Priester. Wir fragen uns, wo die Kirche oder
Kapelle lag, in der er die Messe lesen konnte; ferner, wo die Kanzlei des Grafen untergebracht war.
Graf Rodolt erwähnt eine gleichzeitige Urkunde, in der er mit dem Bischof von Regensburg einen
Gütertausch eingeht. Er überließ dem Bischof Acker bei Straubing und Pirkwang, erhielt solche bei
Niederumelsdorf. Der Name Rodolt oder Ratolt kehrt in der Familie der Grafen von Ebersberg wieder.
Wir dürfen in dem Grafen den Ahnherrn des mächtigen Geschlechtes sehen. Die Tauschurkunde ist ein
Beweis für die Tatsache, dass die Ebersberger bereits um 870 an der Abens und an der großen Laaber
Fuß fassten. Der Tausch hatte den Zweck, das Gebiet der beiden Vertragspartner abzurunden. Graf
Rodolt brauchte für sein Gebiet eine Stützpunkt, der Sitz der Verwaltung wurde. Wir dürfen ihn dort
suchen, wo der Kanzler Rodolts seine Besitzungen hatte, auf dem Hofberg. Die Annahme erscheint
nicht zu gewagt, dass der mächtige Graf auf den Ruinen des römischen Burgus eine Burg baute und ihr
seinen Namen gab: Rodinburg – Rotenburg. Graf Rodolt unterstand die Sicherung des
Altweges.
Das Geschlecht der Grafen von Ebersberg erlosch 1045. Mit dem Tode des letzten Grafen aus dem
Geschlechte löste sich die Einheit in unserem Gebiete auf. Eine Reihe kleinerer Dynastien, die bisher
im Dienste der Ebersberger gestanden, trat die Nachfolge an. Zu ihnen gehörten die Herren und
späteren Grafen von Roning. Sie kamen aus der Gegend von Hofendorf, aus der auch die späteren Grafen
von Moosburg stammen. Beide Geschlechter waren in ihrem Ursprung blutsverwandt. Die neuen Herren
bauten sich in Oberroning eine Burg, die mit dem Orte, der sich unter ihrem Schutze entwickelte, zur
Pfarrei Hofendorf gehörte, während das nahe gelegene, ältere Niederroning bei der Pfarrei Münster
verblieb. Die Burg Rodolts hatte vorläufig ihre Rolle als Verwaltungsmittelpunkt ausgespielt. Die
Herren von Roning schufen sich ein bleibendes Denkmal durch die Gründung der zwei
Augustinerchorherrenstifte St. Mang in der Vorstadt von Regensburg und Paring. Als sie 1189
ausstarben, erhob sich ein heftiger Streit um ihr Erbe.
Der Bischof von Regensburg, der baierische Herzog Ludwig der Kelheimer, eine größere Zahl von
kleineren Dynastien erhoben ihre Ansprüche. In den Kämpfen, die darüber ausbrachen, wurde die Burg
in Roning zerstört. Das Gebiet, das Herzog Ludwig erhielt, reichte bei Krumbach, wo er einen
Amthof einrichtete, bis nahe an den Hofberg heran. Der Berg fiel an die Grafen von Moosburg. Wegen
der nahen Grenze gewann er neue, erhöhte Bedeutung. Die alte Rotenburg entsprach nicht mehr den
veränderten Verhältnissen der Zeit. Daher bauten die neuen Herren auf dem Hügel, der westlich dem
Hofberg vorgelagert ist, um 1210 eine neue Burg. Eine tiefe Schlucht, die heute teilweise
zugeschüttet ist, trennt beide Hügel. Über sie führte einst eine Brücke. Der Zugang zur neuen Burg
erfolgte immer noch vom Altweg her. Jenseits der Brücke schloss eine Mauer den Platz ab. Auf ihm
erhob sich ein runder Turm. Neben ihm lag die neue Kapelle, die der hl. Anna geweiht war. Im Westen
wurden die Häuser errichtet, in denen die Grafen von Zeit zu Zeit Wohnung nahmen. An dieser Stelle
fiel der Hügel steil ab. Unten ist das Gelände tief eingeschnitten. Bäche durchzogen und versumpften
es. Ein Angriff war auf dieser Seite nur schwer durchzuführen.
Die Grafen von Rotenburg-Moosburg bedachten die nahe gelegene Kapelle des hl. Leonhard mit einer
frommen Stiftung. Sie errichteten ein Benefizium, dem sie zahlreichen Bauernhöfe in Niedereulenbach
und seiner Umgebung unterstellten. Aus dieser Zeit mag der Bittgang stammen, den alljährlich
Bewohner der Gegend am Hauptfeste, dem Dreifaltigkeitssonntag nach Otterbach unternehmen. Bis 1529
wohnte ein Benefiziat bei der Kirche, die viele Verehrer des hl. Leonhard anzog. Die Frage, ob
der Benefiziat auch zu den Gottesdiensten in der Burgkapelle herangezogen wurde, können wir aus
Mangel an Quellen nicht entscheiden. Nach 1520 wurde das Benefizium mit der Pfarrpfründe
vereinigt.
Urkundlicher Beginn der Marktgeschichte
Vor 700 Jahren 1 2 5 7, nennt eine Urkunde Graf Konrad von Moosburg Graf von Rotenburg. Das ist das
Ereignis, das wir heuer festlich begehen. Das Zwielicht, das über unserer Heimat seit Jahrhunderten
lagerte, weicht. Rotenburg tritt ein in das helle Licht der Geschichte. In diesem Jahre fiel der
Böhmenkönig Ottokar über Passau, mit dessen Bischof er sich verbunden, in Niederbaiern ein. Er zieht
durch das Vilstal gegen Landshut, das er überraschend nehmen will. Herzog Heinrich erließ ein
Aufgebot. Auch Graf Konrad stellte sich in Landshut ein. Er war gezwungen die Ausrüstung seiner
kleinen Streitmacht zu ergänzen. Zu diesem Zwecke brauchte er Geld. Da traf er den Abt des Klosters
Raitenhaslach bei Burghausen. Graf Konrad bot ihm den Zehent, den er vom Bischof in Salzburg zu
Lehen hatte, zum Kaufe an. Der Zehent war Fernbesitz, der seine Wirtschaft mehr belastete als
stützte. Die Kaufurkunde zeichnete Konrad von Rotenburg. Bei der Auszahlung des Geldes waren
Landshuter Bürger, unter ihnen auch ein Schildmacher, Zeugen. Er wartete auf das Geld, das ihm Graf
Konrad schuldete. Als Herzog Ludwig der Strenge seinem Bruder zu Hilfe eilte, wich Ottokar an den
Inn zurück. Die Baiern folgten. Bei Mühldorf ereilte die Böhmen ihr Schicksal. Als der schwere Tross
die hölzerne Brücke über den Inn passierte, brach sie ein. Noch heute fischen die Mühldorfer
silberne Schüsseln, Teller und Kannen aus dem Strom. Eine größere Anzahl böhmischer Adeliger hatte
sich in einen Turm geflüchtet. Herzog Ludwig ließ ihn anzünden, so dass die Insassen elendiglich
verbrannten. An die Katastrophe von Mühldorf schloss sich die Belagerung der Veste Dornberg an. Auch
Graf Konrad war an dem Unternehmen beteiligt. In Echarting stellte er dem Abte von Raitenhaslach
eine Urkunde über den Verkauf des Zehentbesitzes aus.
Die Grafenherrlichkeit auf der Burg zu Rotenburg dauerte noch 23 Jahre. 1280 starb der letzte Graf
von Rotenburg und Moosburg. Herzog Heinrich von Niederbayern, der Landesherr, kaufte die beiden
Grafschaften von dem Erben, Ulrich von Altmannstein, und bildete daraus zwei Landgerichte. Wenn die
kleineren Herren der Gegend, die bisher Ministerialien, Dienstleute der Grafen waren, glaubten, es
sei die Zeit ihres Aufstieges gekommen, so täuschten sie sich schwer. Die Wittelsbacher waren nicht
gesonnen, die Herrschaft kleinerer Herren neben sich zu dulden. Sie mussten sich ihrem Willen
beugen; sie durften froh sein, dass ihnen der Landesherr auf dem Gebiete des Rechtswesens, der
Verwaltung, der Steuerpolitik gewisse Vorrechte gewährte. Die Zeit politischer Zersplitterung, die
nach 1045 eingetreten, war vorbei. Das neue Landgericht Rotenburg setzte sich aus verschiedenen
Teilen zusammen. Es bestand aus fünf Ämtern. Aus den früheren Besitzungen der Ebersberger zwischen
Abens und der großen Laaber schufen die Herzöge das große Amt Pfeffenhausen. In dem Orte, der dem
Kloster Ebersberg gehörte, saß ein Propsteirichter, den der Abt ernannte. Die Wittelsbacher waren
seit 150 Jahren Vögte der Gründung der Grafen von Ebersberg. Von Pfeffenhausen aus gehörten
Neuhausen, Altdorf, Ergolting und Altheim bis Wörth zum Landgericht Rotenburg. Amtshöfe lagen in
Altdorf, Ergolting und Altheim. Das Landgericht schloss in sich das Gebiet zwischen der Isar und
dem Oberlauf der kleinen Laaber. Ergoltsbach und seine Umgebung gehörte zum Landgerichte Rotenburg.
An dieser Stelle grenzte es an das Landgericht Kirchberg, das nach dem Tode des letzten Grafen
gebildet worden war. Das kleinste Amt war Rotenburg, das an die Stelle des früheren Amtes Krumbach
getreten war. In seinem Gebiet lagen die Besitzungen der Geisenfeldischen Propstei Sandsbach.
Geisenfeld war eine Frauenabtei des Benediktinerordens, das die Ebersberger noch gegründet hatten.
Die Wittelsbacher hatten auch hier die Vogtei erlangt.
Wieder wurde eine Straße für unsere Heimat von Bedeutung. Die Wittelsbacher, seit 1180 im Besitze
des baierischen Herzogtums, waren politisch Gegner der Regensburger Fürstbischöfe. Der Gegensatz
übertrug sich auf die Reichsstadt Regensburg. Sie legten daher außerhalb der Regensburger
Einflußsphäre eine neue Stadt an, die ihre zwei Stützpunkte Kelheim und Landshut verband. Die Veste
Rotenburg lag in der Mitte zwischen beiden Orten, von ihnen 30 bez. 25 km entfernt. Daher entstand
am Fuße des Burgberges eine Taferne, die den Reisenden am Abend Unterkunft gewährte. Auf diesem
Hügel wurde keine Verbindungsstraße gebaut, was seinen militärischen Wert vermindert hätte. Vielmehr
stellte ein unterirdischer Gang die Verbindung zwischen Schloss und Taferne her. Später führte an
der Westseite ein Weg den Hügel empor; ein kleines Tor gewährte Einlass in den Burghof. Der Altweg
büßte seine Bedeutung ein. Doch er verschwand nicht völlig aus dem Gelände. Die Karten des
französischen Generalstabs aus napoleonischer Zeit lassen ihn noch erkennen.
Das Leben auf der neuen Straße verdichtete sich, als die Herzöge jetzt den Verkehr von Nürnberg
über Kelheim nach Landshut leiteten. Sie entschlossen sich neben der Taferne am Fuße der Rotenburg
eine größere Siedlung anzulegen. Die neue Siedlung, ein Markt, erhielt den Namen von der Veste:
Rotenburg, heute Rottenburg. Die Gründungsurkunde wurde am 7. Juli 1378, also vor 580 Jahren
ausgestellt. Die Märkte wurden von Roning nach Rotenburg verlegt. Die Häuser der neuen Siedlung
lagen der Straße entlang. Sie war auf zwei Seiten durch Bäche und Weiher geschützt. Die Mauern
waren nicht notwendig. Im Kriegsfall bot die Burg hinreichenden Schutz. Zwei Tore, ein unteres
und ein oberes, wehrten den Eingang. Da sie bei Nachtzeit geschlossen bleiben mussten, konnte der
Pfarrer von Gisseltshausen Kranken nicht die Wegzehrung bringen. Es musste ein Geistlicher innerhalb
des Marktes Wohnung nehmen. Um die Schwierigkeiten zu lösen, wurde der Pfarrsitz nach Rotenburg
verlegt und am Fuße der Burg eine Kirche gebaut. Als Mittelpunkt eines ausgedehnten Landgerichts,
das bis an die Tore Landshuts reichte, und als Mittelpunkt einer nicht weniger ausgedehnten Pfarrei
entwickelte sich der neue Markt rasch zu einem ansehnlichen Gemeinwesen.
In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges
Ein eindrucksvolles Bild von der Burg auf dem Hügel, in der von Zeit zu Zeit die Herzöge abstiegen,
erhalten wir durch das Gemälde Donauers in der Residenz zu München. Er malte es 1590 am Vorabend
des dreißigjährigen Krieges, in dem die Burg zerstört werden sollte. 1504 hatte sie dem Feinde
getrotzt. 1632 war der Schwedenkönig Gustav Adolf nah seinem Lechübergang bei Rain in Baiern
eingefallen. Er belagerte vergeblich Ingolstadt. Der baierische Kurfürst war nach Regensburg
gezogen, um den Schlüssel des Donautales nicht in feindliche Hände fallen zu lassen. Gustav Adolf
folgte ihm. Aber je näher er Regensburg kam, umso mehr versteifte sich der Widerstand seines
Gegners. Der Schwedenkönig musste die Unmöglichkeit erkennen, Regensburg einzunehmen. Er stellte
seinen Vormarsch bei Kelheim ein und wandte sich gegen die Isar. Sein Plan war offenbar, Kurfürst
Maximilian durch Bedrohung seiner Hauptstadt aus dem festen Regensburg herauszulocken und ihn in
offener Feldschlacht zu besiegen. Maximilian ging nicht auf den Plan des Schwedenkönigs ein; er
blieb in Regensburg. Seine Regierung rief die Bevölkerung der Hallertau zu den Waffen. Überall
besetzten Bauern, Bürger unter dem Befehle von Beamten, auch von Pfarrern, die Friedhöfe, Schlösser,
Märkte und Städte. Der Kampf wurde von beiden Seiten mit großer Erbitterung geführt. Die Schweden
kamen nur langsam vorwärts. Als sich in dem Markte die Nachricht verbreitete, dass sich schwedische
Reiter Rotenburg näherten, berief der Pflegsverwalter etliche Ratsverwandte zu einer Beratung. Was
die Herren beschlossen, meldet keine Urkunde. Es ist uns nur überliefert, dass die Herren einen
Gulden und 53 Kreuzer bei ihrer Zusammenkunft verzehrten. Man war zum Widerstand entschlossen. Der
Markt verteilte für fünf Gulden und 20 Kreuzer Pulver an Bürger, von denen jeder für 40 Kreuzer
Pulver erhielt. Es waren also acht Gewehre. Wie sich der Einmarsch der Schweden im Markt vollzog,
darüber unterrichtet uns kein Schriftstück. Die Feinde zündeten im Markt mehrere Häuser an, darunter
auch das des Cammerers. In der Kirche sprengten sie den Marktkasten auf, der vom Rat dorthin
geflüchtet worden war, warfen die Freitsbriefe und Urkunden durcheinander und raubten das große
Siegel des Marktes, wahrscheinlich als kostbares Erinnerungsstück. Von einer Kontribution meldet
die uns erhaltene Rechnung des Jahres 1633/34 nichts. Wahrscheinlich hatte alles die Flucht
ergriffen. Die Schweden wandten ihre Aufmerksamkeit der Burg zu. Wenn dort wirklich Widerstand
geleistet wurde, so wurde er rasch gebrochen durch das Feuer, das die Feinde anlegten oder schossen.
Was mit der Besatzung geschah, entzieht sich unserer Kenntnis. Als die Schweden abzogen, ohne eine
Besatzung zurückzulassen, stand die stolze Rotenburg als rauchgeschwärzte, ausgebrannte Ruine da.
So zeigt sie sich uns auf dem Bilde, das der Maler für den von der Bürgerschaft gestifteten
Florianialtar schuf. Heuer, in den letzten Apriltagen waren es 325 Jahre, dass die Burg in Schutt
und Asche sank. Sie wurde nicht mehr aufgebaut. Das Landgericht siedelte in den Markt über. Früher
hieß es in den Urkunden „Veste und Markt Rotenburg“. In Zukunft blieb das Worte Veste weg. Sie
verschwand allmählich auch im Gelände. Die Bürger benützten sie als Steinbruch, als in den nächsten
Jahrzehnten im Markte immer wieder verheerende Brände ausbrachen und bauten mit dem so gewonnenen
Material ihre Häuser wieder auf. Zuletzt stand nur noch der runde Turm. Auch er wurde abgetragen
und seine Steine zum Bau der Hochstraße nach Landshut verwendet.
Noch einmal sollte der Hügel, auf dem die Burg gestanden, in einem Krieg eine Rolle spielen. Vor
der Schlacht bei Abensberg am 19./20. April 1809 bauten ihn die Österreicher zu einem festen
Stützpunkt aus. Doch als Rohr, das fünfmal den Besitzer wechselte, endgültig an die Baiern und
Franzosen gefallen war, taten die Österreicher den Rückzug an, scharf verfolgt von bayerischer und
französischer Kavallerie. Sie räumten den Hügel, ohne einen Schuss abzufeuern und zogen nach
Landshut ab. Am Morgen des 21. April erschien der Kaiser der Franzosen, Napoleon I., im Markte
und nahm vor dem Rathaus den Vorbeimarsch der gegen Landshut vorrückenden Truppen ab. Mächtig
erscholl über den Platz der Ruf auch der baierischen Krieger: Vive I`Empéreur. Es lebe der Kaiser!
Kronprinz Ludwig von Baiern, der als Divisionskommandeur neben Napoleon stand, schnitt der Ruf tief
in sein teutschfühlendes Herz. 1830 erwachte in den Herzen der Rottenburger Bürgerschaft der Wunsch,
einen eigenen Friedhof zu besitzen, da er in Gisseltshausen zu klein geworden war. Pfarrer Zaech schlug
vor, den alten Burgplatz zu einem Gottesacker umzugestalten. Der Vorschlag wurde angenommen. So
wurde 1830 der Platz eingeebnet und für seinen neuen Zweck geweiht. Wenn wir heute die Ruhestätte
unserer Toten betreten, auf dem die alte Rotenburg gestanden, ein Bauwerk, das für die Ewigkeit
gebaut schien, so überkommt uns eine Stimmung, der der schwäbische Dichter L. Uhland mit folgenden
Worten Ausdruck verleiht:
„Am Ruheplatz der Toten, da pflegt es still zu sein, man hört nur leises Beten bei Kreuz und
Leichenstein.“
In bunter Folge rollten Bilder aus der Geschichte unserer Heimat vor unseren Augen ab. Sie
versuchten uns Entstehen, Blüte und Vergehen der alten Trutzveste Rotenburg anschaulich zum
Bewusstsein zu bringen. Es ist der Sinn der Jubelfeier, uns einmal lebhaft mit der Vergangenheit,
unserer Vergangenheit, zu beschäftigen. Eine Festlichkeit, die den Menschen nicht innerlich
anspricht, hat ihren Zweck verfehlt. Nicht, was bloß auf die Sinne wirkt, erhebt den Geist,
sondern das innere Erleben. Jubelfeiern sind nicht nur notwendig in Tagen der Not und Sorge,
sondern auch in der Zeit eines Wirtschaftswunders. Sie rufen uns auf zur Ehrfurcht für das Werk
der Vorfahren, zur Dankbarkeit gegen die Träger der bisherigen Entwicklung. Staunend müssen wir
uns verneigen vor ihren Leistungen. Sie müssen ein Ansporn sein zu eigenem Tun. Wollen wir ihre
Arbeit schätzen und nicht bloß nützen.
Die Heimat ist eine Mutter, die schon viele Generationen an ihrem Busen genährt. Es ist Pflicht,
sie zu achten und zu lieben. Was verdankt der Mensch nicht alles der Heimat, dem Ort seiner Geburt
und seiner Kindheit. Die Eindrücke, die er in seiner Jugend empfängt, sind bestimmend für das ganze
Leben. Die Älteren haben die Pflicht die Jüngeren einzuführen in die Vergangenheit der Heimat und
so in ihnen Verständnis und Liebe zu ihr zu wecken. Die Jubelfeier soll ein Fest der Heimat, der
Besinnung auf die Wurzeln unseres Daseins, unserer Kraft sein. Wehe dem Volke, das keine
Vergangenheit hat. Es hat auch keine Zukunft. Die alten Ritter, die einst die Burg bewohnten, sind
in das Grab gesunken. Ihr Ruf hat auch für uns, die auf dem sitzen, was sie geschaffen, noch
gültigen Wert.
Rotenburg alwege!
P. Wilhelm F i n k OSB
Bilder vom Festzug
Festteilnehmer im historischen Gewand vor dem alten Rathaus
Der Festzug, voran die Musikkapelle Schwarzfischer
Der festlich geschmückte Wagen mit dem Marktwappen
Festwagen der Handwerker
Fußgruppe, Rotes Kreuz
Festwagen der Liedertafel
Festwagen der Burgbewohner, dahinter die Landknechtsgruppe
Fahnenträger
Biedermeiergruppe
Trachtengruppe
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