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Ein ganzes Dorf in heller Aufregung
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Ein ganzes Dorf in heller Aufregung
Eine Weihnachtsgeschichte von Franz Moises
Mitte Dezember fielen die ersten Schneeflocken auf das Land. Die Menschen bereiteten sich auf das
schönste Fest im Jahr vor, auf das Weihnachtsfest. Die Fenster wurden weihnachtlich dekoriert und in
den heimischen Wohnzimmern die Krippen aufgestellt. Von weitem sah man schon die leuchtenden
Tannenbäume in den Vorgärten von Pattendorf stehen. In vielen Gemeinden wurden traditionsgemäß
Christkindlmärkte veranstaltet und Krippenspiele aufgeführt. Eine besonders schöne Idee hatte 1982
Sebastian Ruhland, Spitalpfarrer in Pattendorf. Er wollte einen großen Christbaum in der Spitalkirche
vorm Altar aufstellen lassen, der bis zur Decke reichte. Alle Kirchenbesucher, vor allem die
Spitalbewohner, sollten sich an dem riesigen und beeindruckenden Christbaum erfreuen. Es bedurfte
sorgfältigster Vorbereitung, einen so großen Baum in der Spitalkirche aufzustellen und zu schmücken.
Das übernahmen freiwillige Männer aus der Dorfgemeinde. Mit großem Eifer und viel Anstrengung wurde
der erste Baum im Wald geschlagen und zur Kirche gefahren. Eine weitere Herausforderung war es, den
Baum in die Kirche zu tragen und dort vor dem Altar aufzustellen. Und das alles wurde mit mancher
Skepsis, aber auch mit Begeisterung, von den Einheimischen des Ortes verfolgt. Als der riesige Baum
endlich stand, wurde er von den Männern von oben bis unten mit Liebe zum Detail aufwändig geschmückt.
Dieses Geschehen wurde heimlich von einem Jungen vom Chor aus mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt.
Ludwig hieß der Junge, der 10 Jahre alt und das einzige Kind einer armen Tagelöhnerfamilie war. Er
wohnte mit seinen Eltern an der Hauptstraße, gleich gegenüber der Kirche. So konnte er das Ereignis
von Anfang bis zum Ende verfolgen. Niemand bemerkte den Jungen. Als der Baum einen Tag vor Heiligabend
fertig geschmückt war, baute man links vor dem Altar gemeinsam die Weihnachtskrippe von Sebastian
Osterrieder auf. Mit viel Liebe zum Detail wurden die Hauptdarsteller der Krippe auf ihren Plätzen
positioniert. „Ich glaube, dass uns der Christbaum und die Krippe gelungen sind und allen Besuchern
gefallen werden, “ sprach ein Helfer mit Begeisterung. „Jetzt ist es genug, “ sagte Pfarrer Ruhland zu
allen Mitwirkenden. Geht nach Hause zum Mittagessen, wir sehen uns alle am Heiligen Abend wieder, und
nochmals vielen, vielen Dank für eure Hilfe. Gemeinsam verließen sie die Kirche, und der Pfarrer
schloss hinter sich die Türe. In der Kirche war es still geworden, nur Ludwig war noch am Chor oben
und schaute auf den Christbaum. „Der ist aber schön geworden“, sprach er laut. Aber sofort legte er
seine Hand auf den Mund, um nicht doch noch entdeckt zu werden. Nach einigen Minuten, es war immer
noch still in der Kirche, ging Ludwig ganz leise die Treppe hinunter an den Bankreihen vorbei, bis er
vor dem mächtigen Baum stand. Oh, so einen Baum möchte er auch gerne zu Hause haben, dachte er sich im
Stillen. Dann ging er zur Krippe hinüber und schaute diese mit großen Augen an. Er lachte ganz laut
über den Ochsen und den Esel wie sie gerade Heu fressen. Weiter links standen in einer Gruppe einige
Schafe die miteinander spielten. Ludwig rief ihnen zu: „Darf ich mit euch spielen?“ Er bekam keine
Antwort. Er fragte den Ochs und den Esel: „Wollt ihr mit mir spielen?“ Wiederum bekam er keine
Antwort. Darauf sagte er: „Ich will aber mit euch spielen!“ Dann nahm er den Ochs, den Esel und die
Schafe aus der Krippe und ging Richtung Treppe. Er wollte schon auf die erste Stufe treten, da ging er
noch mal zurück zur Krippe und nahm den Josef auch noch mit. Dich brauch ich zum Hüten der Schafe,
damit sie nicht weglaufen, wenn ich mit Ochs und Esel spiele.“ Maria und das Jesuskind ließ er allein
zurück. Er lief schnell wieder die Treppe zum Chor hinauf, um sich wieder zu verstecken. Fünf Minuten
später kam Pfarrer Ruhland in die Kirche zurück um nochmals nach dem Rechten zu sehen. Er schaute sich
den schönen Christbaum an und lächelte dabei, dann ging er zur Krippe um zu sehen ob nichts vergessen
wurde. Auf einmal schrie er: „Um Gottes Willen, was ist hier geschehen, das kann doch nicht wahr sein,
wir wurden bestohlen“ Sofort benachrichtigte er die Dorfbewohner und bat sie, in die Kirche zu kommen.
Keiner konnte es fassen, dass Figuren von der Krippe gestohlen worden waren. Die ganze Kirche wurde
überprüft, wo die Diebe hereingekommen sein könnten, aber alles war fest verschlossen. Dann rief ein
Helfer: Wir müssen uns im Dorf verteilen und an jeder Haustüre klingeln und fragen ob sie
Beobachtungen gemacht hatten, vielleicht hat jemand versucht die Krippenfiguren an der Haustür billig
zu verkaufen. Die Helfer liefen in alle Richtungen, läuteten an jeder Haustür, hielten Spaziergänger
und Autofahrer auf und erzählten von dem vermeintlichen Diebstahl in der Kirche. Aber keiner konnte
ihnen helfen oder einen Hinweis geben. So gingen alle traurig in die Kirche zurück, keiner konnte dem
Pfarrer eine gute Nachricht überbringen. Gemeinsam beteten sie in der Kirche ein Vater unser und baten
den Herrgott um Hilfe. Nach dem Gebet versammelten sie sich nochmals um die Krippe um zu besprechen,
was sie noch tun könnten. Dabei machten sich die Anwesenden vor Pfarrer Ruhland lautstark Luft. Wie
kann das sein, dass jemand einen Tag vor Heiligabend in die Kirche einbricht und Krippenfiguren
stiehlt – und das in unserem Dorf, wo jeder jeden kennt. Der Pfarrer beruhigte die Anwesenden und
meinte: „Wir müssen jetzt eine Lösung finden. Ohne die fehlenden Figuren können wir nicht die
Weihnachtsmesse abhalten.“ Alle wurden still. Da hörte der Pfarrer eine leise Stimme und ein
Geklappere. „Hören Sie die Stimme auch?“ sagte der Pfarrer zu den Anwesenden. Er schaute sich in der
Kirche um und blickte zum Chor hinauf. „Dort oben ist doch jemand, hören Sie das auch?“ Alle schauten
nach oben. „Ja, da oben ist jemand“ meinten alle. Pfarrer Ruhland ging leise die Treppe bis zum Chor
hinauf, damit der vermeintliche Dieb nicht entkommen konnte. Als er die letzte Stufe hinter sich ließ,
traute er seinen Augen nicht. „Ludwig, du, was machst du denn hier?“ fragte der Pfarrer (Ludwig ging
in seinen Religionsunterricht).
„Ich spiele Schäfer! Schauen sie Hochwürden, ich habe viele Schafe und einen Ochsen und einen Esel
habe ich auch, und das ist der Schäfer, “ sagte Ludwig. „Aber Ludwig, das sind ja die Figuren von
unserer Kruppe, warum hast du die genommen?“ fragte der Pfarrer. „Meine Mama hat gestern zu mir
gesagt, dass das Christkind dieses Jahr keinen Christbaum und keine Geschenke bringen würde, weil es
dieses Jahr kein Geld hätte, und ich habe mir so Tiere gewünscht, antwortete Ludwig.“ Der Pfarrer
strich Ludwig über das Haar und meinte: „Ludwig, wenn wir jetzt die Tiere und den Josef gemeinsam
wieder in die Krippe stellen, verspreche ich dir, dass das Christkind dir viele Tiere zum
Weihnachtsfest bringt. Was meinst du?“ „Bekomm ich dann wirklich Tiere vom Christkind?“ sagte etwas
schüchtern Ludwig. „Ja, ich verspreche es dir, komm wir gehen jetzt gemeinsam runter und stellen die
Tiere und den Josef wieder an ihren Platz.“ Ludwig sammelte die Tiere und den Josef auf und ging mit
dem Pfarrer die Treppe hinunter und dann zur Krippe hin. „So, Ludwig, du darfst jetzt die Figuren
wieder an ihren Platz stellen und vergiss mir den Josef nicht, “ sagte der Pfarrer und schaute dabei
auf die staunenden Helfer. Die fragten immer noch erstaunt, was geschehen ist. Der Pfarrer erzählte
allen Helfern die Geschichte von Ludwig und warum er die Figuren genommen hat. Alle zeigten ihre
Erleichterung, vor allem, dass die Figuren wieder auf ihrem Platz stehen. Dann griffen alle in ihren
Geldbeutel und spendeten für Ludwigs Weihnachtsgeschenk. „Jetzt aber nach Hause, es ist alles gut
ausgegangen und du Ludwig, erzähl deinen Eltern, dass das Christkind doch noch kommen wird. Morgen
Abend treffen wir uns zur Christmesse.“ Heiligabend schneite es wieder zur Freude der Kinder und
Erwachsenen, die gerade zur Messe unterwegs waren. Herr Pfarrer Ruhland bedankte sich, dass das ganze
Dorf zur Einweihung des großen und imposanten Christbaums gekommen war. Ludwig saß mit seinen Eltern
in der ersten Reihe, dank der großzügigen Spende der Dorfbewohner konnte dieses Jahr das Christkind
den kleinen Ludwig reichlich beschenken. Zum Schluss sangen alle gemeinsam das Lied, das in den Herzen
der Menschen ruht: „Stille Nacht, Heilige Nach“ und alle schauten zur Krippe hin. Seit dieser Zeit
wird jedes Jahr vor dem Heiligen Abend ein großer Christbaum in der Kirche aufgestellt und nicht zu
vergessen, die Krippe, die ein ganzes Dorf in helle Aufregung brachte.
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